Konzert-Streamings sind das Gebot der Stunde. Pandemiebedingt sind noch immer fast alle Theater, Opern- und Konzerthäuser geschlossen, so dass die Präsentation im Internet für die Kulturschaffenden die einzige Möglichkeit ist, sich bei ihrem Publikum in Erinnerung zu halten. Die Anzahl der Opernübertragungen und Konzert-Streamings ist mittlerweile fast unüberschaubar geworden, bietet den Usern andererseits aber auch die Chance, sich von der Vielfalt der Künste zu überzeugen und zudem gut unterhalten zu lassen. Die Staatsoper Hannover hat nun jüngst nicht nur ein Konzert mit eher selten zu hörenden Werken von Jean Sibelius gestreamt, sondern es als “Visual Concert” mit raumfüllenden Video-Sequenzen des israelischen Videokünstlers Tal Rosner kombiniert, der damit zugleich das erste Mal in Deutschland arbeitet. Rund 400 Online-Tickets sind dafür nach Angaben der Staatsoper verkauft worden.
Wenn man sich diesen Ausschnitt betrachtet, dann stellt sich unweigerlich die Frage, was soll denn nun im Vordergrund stehen, was soll vermittelt werden. Das abgefilmte Konzert oder die visuellen Eindrücke. Sicherlich, die Idee zu solch einem Projekt ist überzeugend, nur die Umsetzung, gerade für das Internet bietet auf jeden Fall noch Verbesserungsbedarf. Denn damit die Video-Sequenzen entsprechend zur Geltung kommen, muss das Orchester häufig mehr oder weniger “im Dunkeln” agieren. Da kann die Kamera-Technik noch so gut sein, was bleibt ist doch ein recht diffuses Bild. Besser wird es, wenn beispielsweise die Sopranistin Hailey Clark mit in Szene gesetzt wird.
Gut vorstellbar ist, dass die Wirkung im Konzertsaal beachtlich sein wird. Jean Sibelius ganz eigene Musiksprache, seine Vorliebe für die finnischen Naturwelten, verbunden mit der enormen Formen- und Farbenpalette der Videos von Tal Rosner, dass dürfte beim Publikum fraglos ein Höchstmaß an Emotionen wecken. Am Bildschirm jedoch bleiben einige Wünsche offen. Eine inspirierendere Bildregie, die nicht selten die visuellen Eindrücke und Höhepunkte durch unsensible Schnitte zwischen Musikern, Dirigent und den Video-Sequenzen zunichte macht, wäre wünschenswert. Wie gut es jedoch zuweilen funktionieren kann, zudem mit einem doch beachtlichen Sound zeigt der Ausschnitt aus “Der Schwan aus Tuonela”:
Zusammenfassend sei gesagt: Das “Visual Concert” ist zweifellos eine gute Möglichkeit, das normale Konzert-Streaming zu bereichern. Für die Internet-Version muss allerdings noch eine klarere Handschrift gefunden werden, damit es nicht nur aussieht wie ein abgefilmtes Konzert, sondern möglicherweise eine eigenständige digitale Konzertform werden könnte. Gerade im Hinblick darauf, dass man in der Staatsoper Hannover auch für die Zukunft Konzertprojekte plant, die das klassische Konzert mit anderen Künsten verbindet, mit Tanz, Video, Bühnenbild oder Performance.